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Secundaer Literatur : Tolstoi und die Religion der Einheit
Tolstoi und die Religion der Einheit

Die Ablehnung, die man anderen Religionen gegen�ber hegt, r�hrt wohl haupts�chlich von der Unkenntnis derselben her. Die meisten Menschen bilden sich ein, dass ihre Religion die beste sei, die hoch �ber allen anderen stehe. Wenn sie sich die M�he machten, andere Religionen n�her kennen zu lernen, w�rden sie bald anderer Meinung werden.

Tolstoi war ein gro�er Forscher und Wahrheitsucher auf religi�sem Gebiet. In den letzten Jahrzehnten seines Lebens hat er sich viel mit allen geistigen Lehren des Orients befasst und kam schlie�lich in regen brieflichen Gedankenaustausch mit vielen hochstehenden Lehrern und Vertretern aller orientalischen Religionen. Er war immer bem�ht, die Grundwahrheiten aller Religionen zu erkennen

und das Trennende, was zumeist von Menschen geschaffenes Beiwerk ist, beiseite zu lassen. Dabei ist er zu der Erkenntnis gekommen, dass das Grundgesetz aller Religionen die Liebe ist. Im Christentum hei�t es im 1. Joh. 4,16: "Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm."

Krishna, der im Hinduismus g�ttliche Verehrung genie�t, sagt: "Meine Hand hat �berall Liebe ges�t und bietet sie dem, der empfangen will. Das Heil ward allen meinen Kindern gegeben, aber oft ist es, dass sie es in ihrer Blindheit nicht sehen."

Ein Ausspruch von Muhammad lautet: "O Herr, gib mir Liebe zu Dir! Gib mir Liebe zu denen, die du liebst! Mache, dass deine Liebe mir teurer sei, als ich selbst, als meine N�chsten und meine G�ter!" Als Muhammad gefragt wurde, worin das h�chste Wesen der Liebe sich zeige, antwortete er: "Tut allen Menschen, wie ihr w�nscht, dass euch getan werde!"

Buddha sagt: "Die wahre Erl�sung ist Liebe. Nur der Mensch, der sich an Stelle seiner begehrlichen W�nsche mit Liebe erf�llt, zerrei�t die Ketten der Unwissenheit und der Leidenschaft und erl�st sich von Leiden und Tod."

Nach Laotse ist der einzige Weg auf welchem sich der Mensch mit Gott vereinen kann, die Liebe.

Zweifellos hat Tolstoi sich viel mit der Lehre des B�b und Bahá'u'lláhs befa�t, beiden das h�chste Interesse entgegengebracht und daraus gesch�pft. In dem Buche "Tolstoi und der Orient" von Birnhoff weisen viele Stellen, von denen ich einige anf�hren will, daraufhin. Er schreibt am 10. Juli 1901 an den persischen Gesandten Mirza Riza Chan: "Meiner Ansicht nach werden die Kriege erst dann

aufh�ren, wenn ein jeder so von dem Grundsatz durchdrungen sein wird, niemandem zuzuf�gen, was er selber nicht erleiden will, dass er sich nicht mehr zum Milit�rdienst zwingen lassen wird, der nichts anderes darstellt, als eine Vorbereitung zum Morde; etwas, was dem Grundsatz der Gemeinschaft durchaus zuwiderl�uft, denn ein jeder sch�tzt sein Leben am h�chsten, und einen des Lebens berauben hei�t eben, ihm das zuzuf�gen, was man nicht selber erleiden will. Ich meine, dass es allenthalben Leute gibt, wie bei Ihnen in Persien die Bábisten (Tolstoi verwechselt h�ufig Bábi's und Bahá'ís), die sich zu echter Religion bekennen, und dass ihre Ideen ungeachtet aller Verfolgungen

sich immer mehr ausbreiten und letzten Endes �ber die Barbarei und tierische Grausamkeit der Regierungen triumphieren werden, vor allem �ber die L�gen, in die sie ihre V�lker zu verstricken bem�ht sind."

(S.98) An Gabriel Sacy: "Der Bábismus interessiert mich seit langem. Ich habe alles, was mir dar�ber zug�nglich war, gelesen, und obwohl mir seine wesentlichen Unterlage, die Bábistenbibel, nicht von Wichtigkeit zu sein scheint, so glaube ich doch, dass der Bábismus als sittliche und humane Leh-

re eine gro�e Zukunft im Orient haben wird; er stimmt in vielem zum christlichen Anarchismus und wird fr�her oder sp�ter mit ihm verschmelzen."

(S.99) Aus einem Briefe an Frau Grinewskaja: "Von den Bábisten wei� ich seit langem und interessiere mich seit langem f�r ihre Lehre. Mir scheint, dass sie eine gro�e Zukunft hat, wie �berhaupt alle rationalistischen Gesellschafts- und Religionslehren, die in der letzten Zeit aus den urspr�nglichen,

von ihren Priestern verunstalteten Konfessionen hervorgegangen sind: dem Brahamanismus, Buddhismus, dem Judentum, Christentum und Mohammadanismus, und zwar deswegen, weil sie nach Entfernung all der Ausw�chse, die sie von einander trennten, danach streben, sich in einer einzigen, allgemein menschlichen Religion zu vereinigen."

(S.118) hei�t es: "Was Ihre pers�nliche Meinung �ber meine Beurteilung des Islam angeht, so m�chte ich Ihnen erwidern, dass es meiner �berzeugung nach nur eine wahre Religion gibt. Ganz hat sich diese wahre Religion der Menschheit noch nicht offenbart, aber bruchst�ckweise erscheint sie in allen Bekenntnissen. Aller Fortschritt der Menschheit beruht auf der immer innigeren Vereini-

gung aller - in dieser einen wahren Religion und in ihrer immer klareren Offenbarung. Daher m�ssen alle wahrheitsliebenden Menschen bem�ht sein, nicht die Unterschiede unter den Religionen und seine M�ngel hervorzuheben, sondern das, was sie einigt und ihren Wert ausmacht.

(S.120) "Die Lehre der Bábisten, die, aus dem Mohammadnismus hervorgegangen, sich zum Bahá'ísmus entwickelt hat, stellt eine der h�chsten und reinsten Religionslehren dar."

(S.121) schreibt Tolstoi in Bezug auf die Baha'i: "Besonders wertvoll ist mir, dass sie die Notwendigkeit einer Religion f�r alle Menschen erkannt haben. In der Tat, man muss staunen, wenn

man dar�ber nachdenkt, wie man auf solch einen einfachen Gedanken nicht ohne weiteres kommt.

(Aus diesen Zeilen geht einwandfrei hervor, dass Tolstoi die Idee von der Einheit der Religionen aus der Baha'i-Lehre gesch�pft hat.)

(S.123) .."Es gibt eine ihrem religi�sen Gehalte nach sehr hochstehende Sekte, die Bábisten. Ihre Lehre wurde von Bahá'u'lláh weiter entwickelt, der von der t�rkischen Regierung nach Akka verbannt wurde, wo sein Sohn lebt. Seine Anh�nger erkennen keine �u�eren religi�sen Formen an und sehen die allen Religionen gemeinsame Grundlage in einem guten Leben, d.h. in der Liebe zum N�chsten

und darin, dass sie sich unter keinen Vorspiegelungen zur Teilnahme an B�sen verleiten lassen."

(S.33) Tolstoi schreibt im Jahre 1905 an Bába Premanand Bharati: "Lieber Freund und Bruder, der Aufgabe, die uns gestellt ist, besteht in der Bekr�ftigung einer Wahrheit, die alle Menschen gemein ist, die die ganze Menschheit in einem und demselben Glauben und in denselben Lebensregeln, die

darauf gegr�ndet sind, vereinigen soll. Die Menschheit muss sich in einem und demselben Glauben vereinigen, denn die Menschenseele scheint *blass*, wie Sie wissen, vielf�ltig und unterschiedlich in jedem Einzelnen, in der Tat ist es immer ein und dieselbe *Seele*, lieber Bruder,* meine* ich, m�s-

sen wir unsere nationalen Traditionen und Besonderheiten ablegen und nur die gro�e internationale Wahrheit unserer Religionen predigen."

Da der Einfluss Tolstois sich nicht nur auf den Orient, sondern auch auf die gesamte �brige Welt erstreckt, ist er wohl als einer der gr��ten Wegbereiter f�r die Einheitslehre der Religionen anzusehen. (Herta Klintzing, Schwerin, d. 29.1.47)

* nicht lesbares Original

Vertiefung: Tolstoi und die Religion der Einheit ( von Herta Klintzing)


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